Durchhalteparole

Durchhalteparole
Seit einem Jahr begleitet uns nun der perfide «Chäfer», der die ganze Welt beschäftigt. Mit Durchhalteparolen versuchen Regierungen und Gesundheitsbehörden, die Bevölkerung im Befolgen der behördlichen Massnahmen zur Eindämmung des Virus an der Stange zu halten. Die meisten von uns sind müde und entsprechend überdrüssig sind wir vom Maskentragen, Abstandnehmen und dem Verzicht auf spontanes Zusammensitzen im Café oder in der Dorfbeiz. Und trotzdem – wir müssen da durch, ob es uns passt oder nicht. Ich möchte auch eine Durchhalteparole loswerden, nämlich eine ganz einfache: «Wer müde und beladen ist, komme zu mir. Ich will ihn aufrichten.» (Mt 11,28) Es sind die Worte Jesu, die ich heute anders höre als noch vor einem Jahr.
Nur ist der Weg zu diesem aufrichtenden Jesus für viele Menschen so wahnsinnig weit, weil der Bezug fehlt. Letztlich sollte sich jede und jeder selbst auf den Weg machen, in diesem Jesus ein Gegenüber zu sehen. Mit diesen Gedanken im Kopf stiess ich kürzlich unterhalb der Schäflisegg bei Teufen auf ein kleines Wegzeichen eines unbekannten Künstlers: Im aufgerissenen Baumstrunk steht ein kleiner Engel. Nur wer genau hinsieht, wird ihn entdecken.
Und dieser Engel sagt mir ohne Worte, dass in all den aufgerissenenen Gefühlen und Erfahrungen der vergangenen 12 Monate nicht nur Wut und Hilflosigkeit sein müssen, sondern dass genau dort, wo in mir alles aufgerissen ist, sich Gott niederlassen will, um da zu sein. Für jeden von uns, der ihn sehen will...

Stefan Staub, Pfarreileiter